Meine High School ist ja eine Gesamtschule, die man ab der 9. Klasse besucht. Man hat nur 5 bis 6 Fächer, die man selber wählen kann. Die meisten Neuseeländer lernen daher keine Sprache – das ist ihnen zu schwer. Es fiel mir auf, dass die meisten Schüler doch sehr träge waren und so im Unterricht kaum etwas geschafft wurde. Die meisten haben einfach keine besonders gute Einstellung und denken, sie tun den Lehrern einen Gefallen, indem sie überhaupt zur Schule kommen…
Aber man kann ja nicht sitzenbleiben und deswegen war das auch gar kein Problem… Es gab noch andere ausländische Schüler aus allen möglichen Ländern (Japan, Norwegen, China, Brasilien, Korea, Frankreich, Italien, Kambodscha, Indien, Chile etc.), und meistens waren es diese Schüler, die in den Top 5 der Klassen zu finden waren – weil sie einfach nicht so faul sind!
Ich wählte meine Fächer schon im Hinblick auf die Oberstufe und Klasse 12: Englisch, Mathe, Physik, Chemie, Spanisch und Classics (ein Fach, in dem es um griechische und römische Geschichte, Philosophie usw. geht). Damit war ich eigentlich immer ganz gut beschäftigt, da ich natürlich etwas länger brauchte, um alles auf Englisch zu verstehen, aber ich hatte viel Freizeit, wenn ich mittags gegen 4 Uhr aus der Schule kam. (Es ging morgens übrigens erst um 8.40 Uhr los!!)
Am Anfang fand ich es ziemlich schwer, einfach auf Leute zuzugehen, um sie kennenzulernen, aber man wird gnadenlos links liegengelassen, wenn man nicht die Initiative ergreift, und irgendwann war ich dann auf einmal „einer von ihnen“. Wir waren immer unterwegs und weil in Neuseeland alles viel billiger ist als hier kann man sich für wenig Geld so richtig austoben (ich habe einen Schrecken gekriegt, als ich wieder zurückkam…)
Wenn man schon mal so weit weg von Deutschland ist, dann will man natürlich auch was sehen, gerade, wenn es sich um so ein tolles Land wie Neuseeland handelt. Deswegen bin ich in den Ferien auch viel gereist, per Bus und das Zelt immer dabei. (Im Frühling allerdings nicht zu empfehlen – die Campingplätze waren richtig matschig…)
Nachdem wir Anfang November dann die Prüfungen der Klasse 12 hinter uns hatten, gab es Ferien… 11 Wochen lang! Zum Glück wurde es dann auch richtig warm, nicht ganz so heiß wie bei uns, aber angenehm. Was macht ein Kiwi im Sommer??
Natürlich grillen, und zwar was das Zeug hält! Das läuft dann so ab: Es werden so viele Leute wie möglich eingeladen, die Frauen stehen in der Küche und machen Salate, die Männer stehen mit ihrem Bier um den Grill und fachsimpeln, wie lange man das Lamm denn jetzt noch drauflassen muss… Weil der Tisch natürlich zu klein ist, sitzen gern mal alle auf dem Boden, aber das stört keinen. Bei solchen Festen ist die Stimmung immer richtig gut, und ich habe dann immer gedacht: In Deutschland ist es jetzt Winter!!
Aber die meisten Kiwis sind auch richtig sportlich und toben sich im Sommer bei den 2 Nationalsportarten aus: Rugby und Cricket. Rugby ist wie American Football, aber ohne irgendwelche Schützer und sehr brutal. Cricket ist so ähnlich wie Baseball, läuft aber ruhiger ab und ein Spiel kann sich so lange hinziehen, dass man tagelang nicht weiß, wer denn nun am gewinnen ist!
Weihnachten war auch was ganz besonderes. Trotz der „falschen“ Jahreszeit wurde nämlich alles geschmückt, Weihnachtslieder gesungen und Krippenspiele aufgeführt! Bei mir kam leider gar keine Weihnachtsstimmung auf. Weihnachten am Strand passt einfach nicht! Aber die Kiwis waren natürlich begeistert wie immer, sie könne sich ein kaltes Weihnachten nämlich nicht vorstellen
Ende Dezember kam mich dann meine Familie aus Deutschland besuchen, die ich ja seit 5 ½ Monaten nicht mehr gesehen hatte! Zusammen sind wir dann auch nochmal um die Südinsel gefahren. So habe ich sehr viel von Neuseeland gesehen, und es stimmt wirklich: Alles ist genauso, wie man es auf dem Postern und in den Büchern sieht. Ach was, sogar noch viel schöner!! Erloschene Vulkane, Seen, Nationalparks, Dschungel, kochender Schlamm, Krater, Berge und immer und überall das Meer… es ist für jeden etwas dabei.
Trotzdem ist es natürlich anders, in einem Land zu leben, als dort nur Urlaub zu machen, weil man dann nämlich auch die negativen Seiten mitbekommt. Neuseeland ist zwar im Moment noch grün und sauber, aber von Mülltrennung hat dort noch keiner was gehört und so werden sogar Batterien in den ganz normalen Hausmüll geschmissen. Es hat mich ziemlich geschockt, wie nachlässig in dieser Hinsicht die Zukunft auf’s Spiel gesetzt wird.
Aber die Kiwis begreifen es einfach nicht, dass es nicht so bleiben wird, wenn sich ihre Einstellung gegenüber ihrem Land nicht ändert. Sie nehmen es nämlich leider als selbstverständlich hin. In dieser Hinsicht sind wir hier doch etwas fortschrittlicher…
Ende Januar ging dann die Schule wieder los, ich war jetzt in der 13. und genoss die Privilegien: keine Uniform, eine extra Schlange am Kiosk, den Respekt der Kleinen usw. Ich hatte mich so an alles gewöhnt, dass ich es mir gar nicht vorstellen konnte, wieder nach Deutschland zu fliegen!! Die schönsten Dinge, die ich erlebt hatte, waren die vielen Ausflüge und Adventure-Days mit den anderen internationalen Schülern, eine Kiwi-Hochzeit, die Reisen, einfach die schöne Zeit mit der Gastfamilie… Dagegen stand so wenig Negatives, dass ich überhaupt nicht mehr wegwollte! Die Aussicht auf ein deutsches Frühstück war allerdings schon verlockend!
So musste ich wohl oder übel Ende April meine Koffer packen. Da wir mit der australischen Airline Qantas flogen und nur 20 kg Gepäck erlaubt waren (eine Frechheit, wenn man 10 Monate bleibt und der Koffer schon fast 5 kg wiegt!!), musste ich noch 5 Pakete nach Hause schicken. Der Abschied war sehr schwer, aber ich denke, dass ich wohl nach dem ABI wieder zurückfliegen werde, um alle zu besuchen.
Ich habe mich immer noch nicht wieder eingelebt, am meisten fehlt mir die Offenheit der Menschen in Neuseeland und ich kann es nicht glauben, wie unfreundlich und unhöflich die Leute hier sind!! Wir machen uns das Leben so schwer, das merkt man erst, wenn man mal rauskommt. Ich hatte mich richtig daran gewöhnt, immer gut drauf zu sein, aber nach 2 Wochen in Deutschland hat auch das schon wieder nachgelassen… Leider!
Was habe ich also mitgebracht aus Neuseeland?? Gute Englischkenntnisse natürlich. Ungefähr 500 Fotos. Viele neue Ansichten, Ideen, Eindrücke, neue Freunde… Ein zweites zu Hause am Ende der Welt!! Am schönsten Ende der Welt.
Viele Grüsse von Inga!